31.3.1945
2 Monate vor dem Ende des 2. Weltkrieges wird die Firma Gebr. Seppelfricke liquidiert.
Hierzu gibt es eine
Abschrift einer handschriftlichen Aufzeichnnung von Josef Seppelfricke über die
Liquidation der Erben August Seppelfricke und Josef Seppelfricke
Nach dem tragischen Tod meines Bruders August am 4.11.194o kamen die Herren Schwiegersöhne Dr. Burghoff und Müsse in Vertretung der Erben am Tage nach der Beerdigung zu mir und verlangten sofortige Auseinandersetzung. Bei Zurückhaltung wegen der Trauer erklärte ich mich schließlich doch dazu bereit und verwies sie auf das sich in ihren Händen befindliche Heft, wann eine Auseinandersetzung wie folgt zugrunde gelegt war.
August und Josef hatten schon jahrelang eine Auseinandersetzung besprochen und waren sich auch einig geworden. In dem Heft waren alle Einzelheiten, Preise der Besitzungen usw. aufgeführt und bedungen, daß der Abgeber des Wohnhauses darin lebenslänglich Wohnrecht gegen angemessene Miete behalte. Als besondere Vergünstigung hatte ich August die Wahl eingeräumt, wonach er wie folgt übernehmen oder abgeben konnte:
1. das Wohnhaus, 2. die Mühle mit Geschäft oder 3. den gesamten Besitz zu den in dem Heft eingetragenen Preisen und Bedingungen.
Soweit August kein lnteresse hatte, erklärte ich mich zur Übernahme zu gleichen Preisen und Bedingungen bereit. August wollte den gesamten Besitz abgeben, aber warten, bis er die in Kürze zu erwartende große Erbschaft (Grothoff) erhalten habe.
Ich stellte den Schwiegersöhnen die Übergabe oder Abgabe genau in derselben günstigen Weise nach 1, 2 oder 3 auch zu ihrer Wahl, und soweit sie kein Interesse hatten, erklärte ich mich auch wieder zu gleichpreisiger Übernahme bereit. Diesen war aber jedes Objekt bei Übernahme zu hoch und bei Abgabe zu niedrig im Preis und sie verlangten das Wohnhaus zum Einheitswert, also bedeutend billiger und ohne Einräumung des Wohnungsrechtes zu übernehmen und die Mühle mit Geschäft zu bedeutend höheren Preisen an mich abzugeben.
Als ich dies selbstverständlich ablehnte, sagte Dr. Burgdorf: Dann erzwingen wir das! (Genauer Wortlaut: 'Aufgrund meines Einflusses erzwinge ich das.')
Ein paar Tage später kamen beide Schwiegersöhne abends um 1/2 8 Uhr zu mir und Müsse erklärte kurz, daß sie übernehmen wollen, sagten aber nicht, was sie übernehmen wollten und gingen sofort und so schnell wieder hinaus, daß ich ihnen kein Wort mehr sagen konnte. Ich ahnte aus diesem Benehmen sofort einen Hinterhalt.
Am selben Abend haben die Schwiegersöhne noch durch Rechtsanwalt Heyng den Kauf des gesamten Besitzes bestätigen lassen, aber nicht, wie es im fragl. Heft aufgeführt war, sondern zum Einheitswert, also RM 15.000,- billiger als ich alles abgeben oder übernehmen wollte und nebenbei ohne Wohnrecht.
Nach meiner Ablehnung versicherten beide Schwiegersöhne eidesstattlich, daß der Kauf zum Einheitswert zu Stande gekommen sei. Wenn nicht soviel Widersprüche vorgelegen hätten und ich nicht gegenteilige Beweise hatte, so war ich machtlos, weil beide Schwiegersöhne zeugen konnten, was ich aber als Partei nicht konnte.
Da diese geplante Erzwingung trotz hartnäckigen Verlangens nicht glückte, setzten die Erben einen Liquidator ein.
(Anmerkung von Marianne Seppelfricke: “Der ernannte Liquidator war der Buchprüfer Schneider, der Steuer- und Vermögensberater der Erben, der meinem Vater gegenüber die Liquidation in entwürdigender Weise führte. Aufgrund unseres Einspruchs wurde dann der Liquidator Birkholz eingesetzt”).
Aufgrund der unangenehmen Vorkommnisse verlangte ich von dem Liquidator die Durchführung der Liquidation. Dieser sagte nach gründlicher Überlegung, daß bei den vorliegenden Verhältnissen eine gerichtliche Versteigerung nicht notwendig sei, da in jedem Falle nur ich den Zuschlag bekommen würde. Darum könne er mir den Anteil der Erben S. verkaufen, umso mehr, wo ich den zur Wahl gestellten Preis
(RM 15.000,- über den Einheitswert und über den zur Erzwingung versuchten Kauf der Erben) zahlen und nebenbei noch das Wohnrecht einräumen wolle.
Er schreibe den Kaufvertrag, der hundertprozentig beim Gericht anerkannt würde, fertig, lasse ihn aber noch liegen, weil er und ich bei den Nazis auf der schwarzen Liste ständen und die Nazis die Macht haben, jedes Recht umzuwerfen. Dieses würden sie umso mehr erreichen, wenn sie die eidesstattliche Versicherung (von Maria S.) vorlegten, lt. der ich gesagt haben solle, daß alle Nazis Lumpen, seien.
Als der Feind näher rückte und die Nazigefahr nicht mehr so groß war, reichte der Liquidator den Kaufvertrag beim Gericht ein und ich zahlte den Preis von RM 25.000,- für den Anteil per Scheck an RA Heyng. Dieser gab nach Rücksprache mit den Erben den Scheck zurück. Danach deponierte ich durch den Liquidator das Kaufgeld bei der Gerichtskasse in Hagen. Die Erben haben das Geld über monatelang liegen und teils entwerten lassen. Danach behaupteten die Erben, der Liquidator habe mir ihren Anteil zu billig verkauft.
Sie lassen aber bewußt folgende enorme Wichtigkeiten unerwähnt:
- Zur Zeit des Kaufes übernehme ich das große Risiko der bevorstehenden Bombardierung, geschätzt für den verkauften Anteil auf etwa RM 10.000,-. Wenn nicht im letzten Augenblick vier vernünftige Leute von Iserlohn kapituliert hätten, so wäre voraussichtlich die Besitzung vernichtet worden.
- Der Lastenausgleich entwertete den gekauften Anteil um die Hälfte = rund 15.000,- DM.
- Außer der billigen Vermietung des Praxisraumes an Dr. Milbradt habe ich Frau Wwe. Seppelfricke bis 1955 ein Zimmer mietfrei gelassen = DM 1.500,-.
- Dieser habe ich bis 1955 ständig Eier geschenkt = DM 2.000,-.
- Für den Anteil des Hofgrundstückes zahlte ich freiwillig DM 1.5oo,- über den Wert.
- Das Gartengrundstück Wwe. Seppelfricke ist von mir mit einzementierten Zementpfosten und Maschendraht eingefriedet = DM 2oo,-.
- Bei dem Vorhaben der Erben und der Mittel, derer sie sich bedienten, durfte mein großes Entgegenkommen, das etwa einer Doppelzahlung gleich kommt, umso mehr anerkannt werden.